Encephalitozoonose beim Kaninchen Als „Encephalitozoonose“ wird eine Krankheit beschrieben, die durch den Erreger „Encephalitozoon cuniculi“ (EC) hervorgerufen wird. Dieser parasitische Einzeller lebt obligat intrazellulär in der Niere, dem Gehirn und anderen Organen, die gut durchblutet werden. Das Wort „encephalo“ bedeutet im Griechischen das Gehirn, „Zoonose“ bezeichnet eine Erkrankung, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden kann. Synonym wird gelegentlich der Begriff „Torticollis“ benutzt, der eigentlich ein mögliches Symptom, den „Schiefhals“ bzw. einen zwanghaft verdrehten Kopf beschreibt. Im Englischen steht „Head tilt“ sinngemäß für das gleiche Symptom. Die erste Beschreibung der Erkrankung geht auf Wright & Craighead, 1922 zurück, die an Kaninchen und Meerschweinchen Versuche zur Verbreitung der Kinderlähmung u. a. mit Flöhen, die von Ratten übertragen werden, unternahmen. Diese schlugen fehl, aber zufällig wurde dabei eine Krankheit bei Kaninchen festgestellt, die Lähmungen verursachte, welche im Zusammenhang mit einem bestimmten Organismus mit eindeutigen Merkmalen standen. Dieser Organismus fand sich weit verteilt in den Organen der betroffenen Tiere und konnte auch im Urin nachgewiesen werden. Besonders auffällig war die aktive Zerstörung der Nervenzellen des Rückenmarks durch den Erreger, die eine vollständige Erklärung für die klinisch beobachtete Lähmung lieferte. Da der Organismus im Urin der Tiere nachgewiesen wurde, war die Ausbreitung der Krankheit durch oralen Kontakt leicht zu verstehen. Als Erreger wurde ein protozoischer (einzelliger) Parasit vermutet. Ein Jahr später wurde von dem Autorenkollektiv Levaditi, Nicolau und Schoen, 1923 der Name „Encephalitozoon cuniculi“ (E. cuniculi) für den Erreger vorgeschlagen, wobei auch sie noch nicht sicher waren, ob es sich um eine Bakterie oder einen Parasiten handelte. Zwischenzeitlich erfolgte eine Umbenennung in „Nosema cuniculi“, die aber wieder rückgängig gemacht wurde. Bild 1: Taxonomie der Mikrosporidia; nach Sieg, 2014 Bild 2: Aufbau einer E. cuniculi-Spore; nach Sieg, 2014; N=Nukleus; P=Polarplast; PF=Polfilament (Polrohr); PV=posteriore Vakuole; SP=Sporenplasma; SW=Sporenwand E. cuniculi wird durch eine kleine dickwandige Spore repräsentiert, die ein typisches Invasionssystem beherbergt. Die raketenartig aktivierte Spore stößt ein längliches Element, das sogenannte Polrohr (Polfilament), aus, durch welches das infektiöse Sporoplasma inklusive Zellkern in eine Zielzelle injiziert werden kann. Anschließend erfolgt eine schnelle Vermehrungsphase (Merogonie) durch binäre Spaltung. Es folgt eine Reifungsphase (Sporogonie), in der Sporonten mit verdickter Hülle gebildet werden, die sich in Sporoblasten teilen und dann zu Sporen entwickeln (Vivarès & Méténier, 2001). Die Sporen werden mit dem Urin ausgeschieden und von Tieren über Nahrung aufgenommen, welche durch Urin kontaminiert ist. Bild 3: Lebenszyklus von E. cuniculi; nach Keeling & McFadden, 1998; Stadien: a- c=Infektionsphase; d=Vermehrung (Merogonie); e=Reifung (Sporogonie) Der Parasit verursacht Infektionen bei Säugetieren, einschließlich dem Menschen und bei Vögeln. In der folgenden Tabelle sind die drei bekannten Encephalitozoon-Erreger mit ihren natürlichen Wirten und möglichen Erkrankungen aufgeführt. Von E. cuniculi wurden bisher 3 verschiedene Stämme isoliert. Tabelle 1: Encephalitozoon-Erreger und mögliche Erkrankungen, nach Didier et al, 2012 Übertragung Eine Untersuchung in einer Kaninchenzuchtkolonie von Cox et al., 1977 über einen Zeitraum von 9 Monaten zeigte, dass alle 9 Wochen alten Kaninchen mit einer E.- cuniculi-Infektion von Häsinnen geboren wurden, die mit dem Parasiten infiziert waren. Das heißt, dass die Infektion junger Kaninchen stark mit der Infektion der Häsinnen, aber nicht mit der von Rammlern zusammenhing. Diese Beobachtung, die aus Untersuchungen an 395 jungen Kaninchen gewonnen wurde, deutete darauf hin, dass die Übertragung der Infektion entweder transplazentar erfolgte (vertikale Übertragung) oder das Ergebnis eines engen Kontakts kurz nach der Geburt war (horizontale Übertragung). Auf dieser Grundlage wurden 16 junge gesunde Kaninchen, die seronegativ für E. cuniculi waren, isoliert und in 2-wöchigen Abständen auf Antikörper gegen E. cuniculi getestet. In den ersten 2 Monaten zeigten sieben Kaninchen Anzeichen für die Entwicklung von Antikörpern gegen E. cuniculi und wurden sofort aus der Kolonie entfernt. Die verbliebenen Kaninchen und ihre 52 Nachkommen wurden im weiteren Verlauf negativ auf Antikörper getestet. Das heißt, mit entsprechenden Zucht- und Hygienemaßnahmen wurde nach 16 Monaten ein E. cuniculi-freier Bestand erreicht. In einer weiteren Untersuchung von Cox & Gallichio, 1978 wurden Antikörper gegen E. cuniculi mindestens zwei Wochen vor dem Nachweis intrazellulärer Sporen und vier Wochen vor histopathologischen Läsionen oder Sporen im Urin nachgewiesen. Die Ergebnisse zeigten auch, dass die Niere vor dem Gehirn infiziert war, was sowohl durch die größere Anzahl und Schwere der histopathologischen Läsionen als auch durch den Nachweis von Sporen in der Niere mehrere Wochen vor deren Nachweis im Gehirn belegt werden konnte. Da im Urin keine Sporen bis vier Wochen nach Beginn der Serum-Antikörper-Reaktion nachgewiesen werden konnten wurde vermutet, dass von diesem Zeitpunkt an drei bis vier Wochen vergehen können, bis infizierte Kaninchen in der Lage sind, die Infektion auf benachbarte Kaninchen zu übertragen. Waller untersuchte 1979 in vitro (außerhalb eines lebenden Organismus) die Empfindlichkeit von E. cuniculi gegenüber verschiedenen Temperaturen, Desinfektionsmitteln und Medikamenten. Trockene Sporen überlebten mindestens 4 Wochen bei Raumtemperatur im Vergleich zu einer Woche im feuchten Zustand. Das Gegenteil wurde bei einer Exposition bei 4°C beobachtet. Der Grund für diese Abweichung im Verhalten der Sporen konnte nicht geklärt werden. Koudela et al., 1999 evaluierten das Überleben von E.-cuniculi-Sporen in der Umwelt an Mäusen. Es wurde kein merklicher Verlust der Infektiosität von Sporen festgestellt, die zwei Jahre lang bei 4°C gelagert oder bei -12°C und -24°C für 1, 8 und 24 h eingefroren wurden. Obwohl es nach dem Einfrieren bei -70°C einen bemerkenswerten Verlust der Infektiosität gab, blieben die Sporen für bis zu 8 h infektiös. Die Ergebnisse zeigten, dass E.cuniculi-Sporen Gefriertemperaturen überleben können, aber ihre Infektiosität in Wasser verloren, das nach 5 Minuten eine Temperatur von 60°C erreichte. Bei Menschen mit AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome = erworbenes Immunschwächesyndrom) sind u. a. E. intestinalis und E. hellem die häufigsten Krankheitsursachen und resultieren wahrscheinlich aus einer opportunistischen Verbreitung der endogenen Mikroflora. Bei Menschen, die mit AIDS infiziert sind, wird die intestinale Mikrosporidiose mit männlicher Homosexualität und Schwimmbädern in Verbindung gebracht, was auf eine fäkal-orale Übertragung über sexuelle und wassergebundene Wege hindeutet. Ein Bericht beschrieb andererseits ein 10jähriges Mädchen, bei dem nach engem Kontakt mit einem infizierten Hundewelpen spezifische Antikörper gegen E. cuniculi festgestellt wurden, in einem anderen Fall wurde eine Übertragung von E. cuniculi und Enterocytozoon bieneusi auf einen Hundeführer vermutet und in einem weiteren Fall eine Übertragung von Enterocytozoon bieneusi auf ein Kind durch ein Meerschweinchen. Es gibt keine direkten Beweise dafür, dass Hunde Menschen mit Mikrosporidien infizieren oder dass Menschen Hunde infizieren. Isolate von E. cuniculi, Stamm III wurden bei Hunden und immungeschwächten Personen identifiziert, was darauf schließen lässt, dass diese Spezies ein zoonotisches Potenzial aufweist, eine häufige Expositionsquelle ist oder beides (Didier et al, 2012). Als Hauptübertragungsweg des Parasiten bei Kaninchen wird die orale Aufnahme von Futter angesehen, welches mit Urin der Tiere kontaminiert ist. Die Übertragung kann auch durch infizierte Mäuse und Ratten erfolgen, die auf gelagerte Futtermittel urinieren. Zum Teil wird auch eine mögliche Infektion über die Nase sowie den Augen angenommen. Letztere wäre z. B. durch das Verspritzen von Urin gegeben. Durch eine künstliche Infektion mittels Gabe von Sporen in den Bindehautsack konnten Tiere infiziert werden (Jeklova et al., 2010b). In einer Untersuchung von Ozkan et al., 2019 wurden nativ mit Parasitensporen infizierte weibliche Kaninchen mit nicht infizierten Rammlern gepaart. Parasitäre DNA in den Augen der Nachkommen wurde bei 6 von 11 natürlich seropositiven Mutterkaninchen nachgewiesen (54 %). Die PCR-Ergebnisse waren in den Augen von 63 % (19/30) der Nachkommen von seropositiven Kaninchen positiv. Somit zeigten Weibchen, die auf natürliche Weise mit E. cuniculi infiziert waren, die molekulare Präsenz des Parasiten in den Augen ihrer Nachkommen. Die Sequenzanalyse bestätigte die partiellen DNA-Sequenzdaten von E. cuniculi und die Blast-Analyse identifizierte den Erreger als Genotyp I. Diese Ergebnisse bestätigen die Übertragung von E. cuniculi auf die Augen der Kaninchennachkommen während der intrauterinen Periode. Vorkommen bei Wild- und Hauskaninchen Wilson untersuchte 1979 drei junge Wildkaninchen, die in der Nähe von Edinburgh, Schottland gefangen wurden und einen Fuchs auf das Vorhandensein von E. cuniculi. Bei allen Tieren konnten Antikörper nachgewiesen werden. Im Fall des Fuchses war es der erste Nachweis, der nicht nur zeigte, dass E. cuniculi die Nahrungskette von Kaninchen über den oralen Weg zu ihren Fressfeinden hochsteigen kann, sondern könnte auch der erste aufgezeichnete, subklinische Fall von Encephalitozoonose bei einem Raubtier sein. Cox & Ross, 1980 konnten in den Seren von 175 Wildkaninchen, die über zwei Jahre in England und Schottland gefangen wurden, keine Antikörper gegen E. cuniculi finden, woraus sie schlussfolgerten, dass dieser häufige „Laborkaninchenerreger“ bei Wildkaninchen in diesen Gebieten selten sei. Chalupský et al., 1990 untersuchten Seren von Wildkaninchen aus 4 verschiedenen Populationen (jeweils zwei aus Île-de-France und Südfrankreich) mittels Immunfluoreszenz auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen E. cuniculi und Toxoplasma gondii. 11 (5,9%) von 187 Seren waren positiv für T. gondii und 8 (3,8%) von 204 waren positiv für E. cuniculi. Coelho et al., 2020 ermittelten eine Prävalenz von 67,9% für das Vorhandensein von T. gondii bei Wildkaninchen in Portugal. Bei T. gondii handelt es sich ebenfalls um einen parasitären Einzeller, dessen Endwirt Katzen sind und bei ihnen die zoonotische Toxoplasmose verursacht. Meyer-Breckwoldt konnte in seiner Dissertation 1996 bei insgesamt 100 Wildkaninchen keine Antikörper gegen E. cuniculi nachweisen. Die untersuchten Tiere stammten aus dem Raum Hannover, Wolfsburg, nördlich von Hamburg sowie der Insel Norderney. In einer Studie Gannon, 1980 wurden u. a. 7 verschiedene Populationen von Hauskaninchen (kommerziell, privat) untersucht. In 6 von diesen wurden Antikörper gegen E. cuniculi mit einer Prävalenz von 25-96% gefunden. Die höchste Infektionsrate stammte aus einer Haltung mit einer Überbelegung von Kaninchen und einer hohen Urinkontamination. Die Altersgruppe der Kaninchen mit dem höchsten Anteil ohne Titer war 2-8 Monate alt, was darauf hindeutete, dass es sich bei einer Mehrzahl der Infektionen um horizontale Kreuzkontaminationen zwischen den Kaninchen handelte. Die einzige, seronegativ getestete Gruppe war eine speziell keimfrei gezüchtete Kolonie, die unter strengen Hygienebestimmungen gehalten wurde. Eine Untersuchung von Lev, 1982 erbrachte in Deutschland in zwei kommerziellen Kaninchenzuchten 4,7% bzw. 10,2% und bei insgesamt 14 Kleintierzuchten 5,6% seropositive Nachweise von E. cuniculi. In dem Literaturüberblick seiner Dissertation zitierte Meyer-Breckwoldt, 1996 verschiedene Untersuchungsergebnisse mit Durchseuchungsgraden bei Hauskaninchen von 10,2%-95%. Harcourt-Brown und Holloway, 2003 stellten Ergebnisse serologischer Tests auf E. cuniculi von 125 Hauskaninchen vor, die in einer Tierarztpraxis in England untersucht wurden. Die Blutproben wurden von 38 asymptomatischen Kaninchen und 87 Kaninchen mit neurologischen, renalen oder okulären Anzeichen, die auf eine Encephalitozoonose hindeuteten, entnommen. In der asymptomatischen Gruppe waren sechs von 26 (23%) scheinbar gesunden Kaninchen, die im Rahmen eines Gesundheitsscreenings beprobt wurden, seropositiv; von den übrigen 12 asymptomatischen Kaninchen, die beprobt wurden, weil sie mit seropositiven Artgenossen zusammenlebten, waren acht (66%) seropositiv. 58 der Kaninchen mit klinischer Erkrankung zeigten neurologische Anzeichen wie Kopfschiefhaltung (Head tilt, Torticollis), Krampfanfälle, Ataxie und Schwanken/Schaukeln; drei von ihnen Nierenerkrankungen und zwei okuläre Probleme - alle fünf Kaninchen waren seropositiv. Kopfschiefhaltung war das häufigste neurologische Symptom in 21 von 23 (91%) der seropositiven Fälle. Alle neun Kaninchen mit okulären Läsionen waren seropositiv und einige Fälle erholten sich ohne Behandlung. Dipinito et al., 2008 sammelten in Süditalien zufällige Untersuchungsergebnisse aus verschiedenen Arztpraxen von 47 Kaninchen ohne Symptome für EC und 78 Proben von Kaninchen mit klinischen Symptomen. In 67% (84/125) der Kaninchen wurden Antikörper gegen E. cuniculi nachgewiesen. Kaninchen mit einem Alter von > 4 Monaten waren unter diesen mit einem Anteil von 97% vertreten. Eine große Zahl der seropositiven Tiere zeigten Läsionen in den Augen, neurologische Ausfälle und Nierenerkrankungen. Levytska, 2017 stellte Daten von 2563 Kaninchen vor, die unter verschiedenen Bedingungen zwischen 2013-2016 in der Ukraine gehalten wurden. Die Enzephalitozoonose manifestierte sich asymptomatisch, akut und chronisch. Der asymptomatische Verlauf war der häufigste. Klinisch zeigte sich die Erkrankung als schwere Nervenstörung wie durch den Ausfall der Sehorgane und des Harnsystems. Insgesamt waren durchschnittlich 34 % der Population infiziert. Die Krankheit konnte über das gesamte Jahr beobachtet werden, wobei die wenigsten im Frühling und Sommer zu finden waren. Ein allmählicher Anstieg der Zahl erkrankter Tiere wurde im Herbst beobachtet, der seine maximale Ausdehnung in der Wintersaison erfuhr. Symptome Lev, 1982 beschrieb die Encephalitozoonose als eine der am meisten verbreiteten Infektionen bei Versuchstieren, insbesondere der Kaninchen. In der Regel verliefe diese inapparent bzw. chronisch und bliebe unbemerkt. In einigen Fällen aus der Literatur wurden klinisch mehr oder weniger leichte neurologische Störungen, wie Teilparese der Gesichtspartien, schiefe Kopfhaltung, Blindheit, erhöhte Aggressivität, Anorexie oder Polydipsie und nur vereinzelt schwerere Symptome wie Encephalomyelitis (Multiple Sklerose) berichtet. Wie bei (Labor-)Kaninchen, scheint die Krankheit bei wildlebenden Hasentieren in den meisten Fällen subklinisch zu verlaufen, wobei ihre Auswirkungen auf die Gesundheit der Kaninchen oft erst dann wichtig werden, wenn andere Belastungen (pathologisch, metabolisch oder umweltbedingt) offensichtlich werden (Wilson, 1979; Chalupský et al., 1990). Eine Infektion mit E. cuniculi muss nicht zwangsläufig zu einer Erkrankung führen. Diese äußert sich in ihrer akuten Form mit Opisthotonus, Torticollis, Hyperästhesie, Paresen und Paralysen (Cox et al. 1972) und ist dann nicht selten mit einer hohen Sterblichkeit verbunden. Die Enzephalitozoonose kann asymptomatisch, akut und chronisch auftreten, wobei der häufigste Fall der asymptomatische ist. Nach Levytska et al., 2017 können die Symptome in drei Komplexe eingeteilt werden. Die folgende Tabelle liefert einen Überblick über Symptome der Encephalitozoonose, wie sie im Fall einer akuten oder chronischen Erkrankung auftreten können. Tabelle 2: Krankheitssymptome bei Kaninchen, nach Cox et al., 1972 & Levytska et al., 2017 Differentialdiagnostisch müssen beim Auftreten einer Torticollis vor allem Erkrankungen wie Ohrräude, Pasteurellose, Toxoplasmose sowie Otitis media (Mittelohrentzündung) in Betracht gezogen werden. Wenig Beachtung findet bis heute die Möglichkeit von Infektionen, die durch Zecken (Ixodida) verursacht werden können. Zu den Erregern, die von Zecken übetragen werden, gehören Ehrlichia spp., Borrelia spp., Francisella tularensis (Hasenpest), Hepatozoon spp., Rickettsia spp., Cytauxzoon felis, Anaplasma phagocytophilum, Babesia spp., Bartonella hensela (Greene et al., 2008) und Toxoplasma gondii (Dubey & Lappin, 2008). Willy Burgdorfer, 1982 entdeckte das Bakterium Borellia burgdorferi als Erreger der Lyme-Borreliose und stellte u. a. fest, dass Hauskaninchen für die Erreger der Lyme-Borreliose empfänglich sind. Moody et al., 1990 konstatierten bei, mit Borrelia burgdorferi infizierten, 3 Wochen alten Holländerkaninchen multisystemische Infektionen sowie Arthritis und Karditis (entzündliche Herzerkrankung). Die Lyme-Borreliose verläuft nach der Infektion in verschiedenen Stadien. Im zweiten Stadium, welches Monate nach der Infektion beginnen kann, gehören Karditis sowie die sog. Neuroborreliose mit häufiger Beteiligung der Hirnnerven und meist mit akuter, peripherer Fazialislähmung. Im 3. Stadium (Monate bis Jahre nach der Infektion) kann es zu Arthritis (Lyme-Arthritis) kommen und schließlich zu Hirnnervenausfällen, akute Ataxie, akute Hemiplegie (Lähmung einer Körperhälfte), Myelitis (Rückenmarksentzündung) sowie zu enzephalitischen Prozessen (Pschyrembel, 2002) Immunologie Faktoren für eine Erkrankung Bei immunkompetenten Kaninchen existiert ein immunologisches Gleichgewicht zwischen dem parasitären Erreger und seinem Wirt. Einfach formuliert heißt das, dass ein Parasit einen Organismus für seine eigene Existenz benötigt und deshalb kein „Interesse“ daran hat, ihn zu zerstören. Erst eine Schwäche des Wirtes ermöglicht eine übermäßige Vermehrung und somit den Ausbruch einer Erkrankung. Eine Infektion mit E.-cuniculi an sich scheint aber auch einen immunsupprimierenden Effekt zu haben. So leiden Kaninchen mit Antikörpern gegen E. cuniculi häufiger an zusätzlichen Krankheiten als Tiere ohne Antikörper (Meyer-Breckwoldt, 1996). Bei Kaninchen gilt „Stress“ als ein Hauptfaktor dafür, dass eine Infektion mit dem Parasiten E. cuniculi zum Ausbruch der Erkrankung „Encephalitozoonose“ führt. Als Stressoren, die das immunologische Gleichgewicht zwischen Parasit und Wirt negativ verändern können, gelten z. B. (Homeier, 2005; Sieg, 2014; Rühle, 2019a, 2019b, 2019c): schlechte Haltungsbedingungen, Zugluft, Standortveränderungen (in der Haltung vor Ort), Transporte Tod eines anderen Tieres im Haushalt eine zusätzliche Krankheit, Rangordnungskämpfe/Gruppenstress, Vergesellschaftungen einander fremder Tiere, Nährstoffmangel. Infekionsdynamik Lev, 1982 ermittelte die Dynamik der humoralen Immunantwort bei intravenös infizierten Tieren. Den Beginn bildeten Immunglobuline der Klasse M (IgM) zwischen dem 17.-20. Tag und einem Abklingen spätestens am 41. Tag. Die ersten Antikörper IgG wurden zwischen dem 20.-31. Tag ermittelt und blieben bis nach dem 68. Tag nachweisbar. Während der gesamten Zeit der Infektion waren bei keinem Tier klinische Symptome nachzuweisen. Es zeigten sich große individuelle Unterschiede in der Dynamik der humoralen Antikörperantwort, wie sie auch schon in anderen Arbeiten konstatiert wurden. Bestätigt wurden frühere Vorschläge von Wissenschaftlern, dass die IgM zeitlich am Anfang einer Infektion mit E. cuniculi bzw. der Immunantwort liegen und früher absinken als die IgG. Jeklova et al., 2010b untersuchten die experimentelle Infektion mit E. cuniculi über das Auge als mögliche Folge des Verspritzens von Urin im Vergleich zur peroralen Infektion. IgM konnten eine Woche nach der Infektion festgestellt werden, IgG folgten eine weitere Woche später. Sporen im Urin und eine antigenspezifische, zellvermittelte Immunantwort ließen sich 4-5 Wochen nach der Infektion nachweisen. Die Immunreaktionen waren abhängig von der verabreichten Sporendosis. Klinische Symptome traten erst nach der Verabreichung eines immunsupprimierenden Medikaments auf. Die Konzentration maternaler Antikörper bei Jungtieren infizierter Muttertiere sank ab der vierten Woche bis zu einem Alter von ca. 6 Wochen auf Null. Daraus wurde gefolgert, dass ein gestiegener Antikörpernachweis mit der 8. Lebenswoche auf eine akute, frische Infektion durch den Kontakt mit der infizierten Mutter oder anderen infizierten (Jung-)Tieren zurückzuführen war. Das Vorhandensein von IgM-Antikörpern ist somit ein Indikator für eine aktive Infektion. Das Vorhandensein von nur IgG-spezifischen Antikörpern zeigt dagegen eine chronische bzw. latente Infektion an. Fortsetzung
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